Mein erster Online-Kurs

Innenansichten aus dem heimischen Wohnzimmer

Seien wir mal ehrlich: Wer hat sich nicht schon vorgenommen, endlich mal die von der Krankenkasse gratis verschickte Entspannungs-CD aus der hintersten Schubladenecke zu kramen, oder die schon vor Jahren angeschafften Motivationsbücher zum eigenständigen Trainieren von Rückengymnastik, Jogging oder Hanteltraining für Anfänger ihrer eigentlichen Bestimmung zukommen zu lassen? Von den unzähligen Gesundheits-Online-Angeboten, die jederzeit kostenfrei im Netz abzurufen sind, mal gar nicht zu reden. Es ist einfach so, dass die Anzahl der Menschen, die das tatsächlich regelmäßig in Eigenregie ohne die Vorgabe eines festen Termins hinbekommen, deutlich kleiner ist als die Gruppe derjenigen, bei denen diese Unternehmungen in der Planungsphase steckenbleiben; und ich gehöre eindeutig zur zweiten Gruppe.

Wenn diese Pandemie auch nur ein Gutes hervorgebracht hat, dann ist es sicherlich eine Erweiterung unseres Denkens (zumindest bei den meisten von uns), und so bin ich auf einen Online-Kurs „Progressive Muskelentspannung nach Dr. Edmund Jacobson“ (kurz PME) der vhs wetterau aufmerksam geworden. Eher aus Neugier als aus konkretem Anlass habe ich mich angemeldet. Zumindest muss man sich bei PME nicht wirklich bewegen; die Gefahr der Blamage erschien mir also relativ gering. Wie das wohl funktionieren wird? Auf jeden Fall spannend!

Für den großen Moment des ersten Kurstermins habe ich bei meiner Mitbewohnerin ein wäscheständerfreies Wohnzimmer zur ungestörten Benutzung „gebucht“ und mich ca. 30 Minuten vor der angegebenen Uhrzeit an die Ausstattung desselben gemacht. Wie mir schon vorher zusammen mit der Übermittlung des Zoom-Zugangs mitgeteilt wurde, sollte das Notebook leicht erhöht stehen und ich leicht schräg davor platziert sein. Nach einigem Herumprobieren – ein Blumentisch erwies sich als passend – war ich mit meiner Anordnung zufrieden, habe noch für angenehmes Licht gesorgt – ich soll mich ja entspannen – die Vorhänge geschlossen, damit der Bildschirm nicht spiegelt, und loggte mich dann in den Zoom-Raum ein. Und tatsächlich: Die Dozentin war schon online und nach und nach tauchten auch die anderen 5 Teilnehmerinnen mit Bild und Ton auf. Die erste Hürde war genommen! An diesem ersten Termin musste die Dozentin noch bei der einen oder anderen die Liegeposition korrigieren – „Frau M., kippen Sie bitte den Bildschirm etwas weiter nach unten; ich sehe sonst nur die Wand. Frau B., rutschen Sie doch bitte noch ein bisschen nach hinten; ich sehe sonst nur Ihre Beine“ – und dann ging es los.

Was soll ich sagen! Schon nach einigen Minuten trat die Tatsache, dass die Dozentin kilometerweit entfernt in ihrer Wohnung saß, völlig in den Hintergrund. Ich hatte sogar den Eindruck, dass die Atmosphäre fast intensiver war, als sie es in einem Kursraum mit einer Gruppe gewesen wäre, denn ich hatte die Anweisungen gebende angenehme Stimme quasi für mich alleine. Ich vermute, dass es nicht nur mir so ging, da gegen Ende der Stunde das Zoom-Bild einer Teilnehmerin völlig schwarz war. Mittlerweile war es nämlich draußen dunkel geworden und sie hatte überhaupt nicht bemerkt, dass sie ohne Licht in einem völlig dunklen Zimmer lag. Die Frage der Dozentin: „Frau P., sind Sie noch da?“, sorgte für allgemeine Heiterkeit.

Fazit: Ja, das funktioniert tatsächlich! Ich habe mich auf jeden der 5 Termine gefreut und war mit dem Kurs hochzufrieden. Und wenn man nach einem Online-Kurs nicht nochmal aus dem Haus muss, kann man die Jogginghose gleich anlassen und den Abend einläuten … hat was! Wer weiß, vielleicht probiere ich im Frühjahrssemester noch einen weiteren Online-Kurs aus. Vielleicht sogar einen mit etwas mehr „Bewegung“ … ich kann ja das Licht ein bisschen herunterdimmen, dann sieht man mich nicht so genau …

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